Schande hinter geschlossenen Türen
Wer kennt noch Dobby? In der Welt von Harry Potter sind er und seine Artgenossen der letzte Dreck. Hauselfen, so heißen die Kobolde, sind ihren Gebietern auf Gedeih und Verderb verpflichtet.
Sie erledigen klaglos jede noch so miese Arbeit, erwarten kein Wort des Dankes und bekommen es auch nicht. Wenn sie nicht rasch genug parieren, werden sie misshandelt.
In Taiwan gibt es viele Dobbys
Sie müssen hinter verschlossenen Türen schuften, ausgeliefert und fast rechtlos. Taiwans Hauselfen sind Frauen aus ärmeren Ländern der Region, vor allem Indonesierinnen und Filipinas. Hunderttausende von ihnen kommen als Gastarbeiterinnen in das wohlhabende Land.
Offiziell dürften die meisten eigentlich nur als Altenpflegerin arbeiten, doch tatsächlich erledigen sie alles, was im Haushalt zu tun ist. Isoliert leben sie in den Privatwohnungen ihrer Arbeitgeber, oft in einer fensterlosen Kammer oder auf einer Matratze vor dem Pflegebett. Sie haben kein Recht auf regelmäßige freie Tage, und auch Taiwans Mindestlohn von knapp 600 Euro steht ihnen nicht zu.
Schäbige Behandlung
Ohne ihre Arbeit würde Taiwans Altenbetreuung zusammenbrechen, denn es gibt noch keine gesetzliche Pflegeversicherung. Umso schlimmer, dass viele Arbeitgeber – nicht alle, nicht die meisten, aber zu viele – sich ihnen gegenüber schäbig verhalten. Seit Jahren lese ich Berichte, die mich traurig machen.
Für einen Überblick empfehle ich diese Artikel von Joe Henley in der Taipei Times:
Als Europäer werde ich in Taiwan als Ausländer erster Klasse behandelt. Südostasiaten gegenüber zeigen einige Taiwaner jedoch ein anderes Gesicht, ein hässliches.
Jetzt hier im Blog lesen: Taiwan’s second class foreigners
Wir drehen für die ARD
Ist es Unbedachtheit, Dünkel oder gar Rassismus? Egal, es muss aufhören. Dazu braucht es Aufmerksamkeit. Kürzlich konnte ich einen Bericht im ARD-Weltspiegel ermöglichen.
Mila ist eine zierliche, aber zähe Frau mit lachenden Augen, die sie bei unserem Dreh hinter einer Sonnenbrille verbirgt. Mila ist nun in Sicherheit, aber noch immer hat sie Angst. Angst vor ihrem früheren Arbeitgeber und seiner Frau.
Die 55 Jahre alte Filipina geht seit mehr als 20 Jahren immer wieder ins Ausland, um Geld für die Familie zu verdienen. Ihr Sohn ist 28. Sie war schon in Singapur, Hongkong und Dubai.
Ausgebeutet von schwerreichen Leuten
2014 landete sie in Taipeh im Haushalt eines leibhaftigen Milliardärs. Der Konzernchef bewohnte ein riesiges Apartment im Luxuswohnturm, Ausstattung vom Feinsten. Doch was Mila und ein weiteres Hausmädchen dort erlebten, muss eine emotionale Tortur gewesen sein.
Der Chef und seine Madame entpuppten sich als hartherzige, geizige Ausbeuter, berichtet Mila. Nie ein freundliches Wort, statt dessen Schreie, Anschuldigungen und stupide Arbeit. Jeden Tag musste sie die ganze Wohnung putzen, schlief in der Abstellkammer, durfte nur ein- oder zweimal im Monat vor die Tür. Als sie einmal ein Stück vom übrig gebliebenen geschnittenen Obst aß, beschimpfte die Hausherrin sie als Diebin.
Flucht und Hilfe
Ein Jahr und acht Monate hielt Mila es aus, dann fasste sie sich ein Herz und floh zu einer Hilfsorganisation, die ihren Fall öffentlich machte. Es stellte sich heraus, dass ihr Chef sie illegal beschäftigt hatte, um Steuern zu sparen. Nun lebt sie in einem Wohnheim für Gastarbeiter, deren Fälle noch nicht entschieden sind.
Als wir mit Mila zu dem Hochhaus fahren, wagt sie kaum auf dem Auto zu steigen. Zu groß die Sorge, ihre alte Chefin könnte um die Ecke kommen. Nur mit gutem Zureden können wir sie dazu bringen, einmal vor der Kamera auf das Gebäude zu zeigen: Da oben, da ist es passiert.
Andere traurige Fälle
Mila war nur eine von mehreren, die uns ihre Geschichte erzählten.
Das war auch noch eine junge Indonesierin, die von ihrer Arbeitgeberin so lange gepiesackt und gequält wurde, bis sie es nicht mehr aushielt und sich selbst mit ihrem Handy filmte.
Moderne Sklaverei – Misshandlung von Hausmädchen
Solekah ist aus Indonesien als Pflegehilfe nach Taiwan gekommen. Monatelang wurde sie von ihrer Arbeitgeberin gequält, gezwickt, geschlagen, an den Haaren gezogen. Sie suchte Hilfe, aber ohne Beweise könne man nichts für sie tun, war die Antwort. Darauf installierte sie eine Kamera. Solekahs Peinigerin steht jetzt vor Gericht. Kein Einzelfall in Taiwan. Mehr darüber am Sonntag um 19:20 Uhr im „Weltspiegel“:
Posted by Weltspiegel on Thursday, March 31, 2016
Was erreicht so ein Beitrag?
In anderen Ländern, etwa den Golfstaaten, soll das Problem der misshandelten Hausmädchen zwar noch viel schlimmer und weiter verbreitet sein. Doch das ist kein Grund, den Finger nicht in die Wunde zu legen.
Natürlich besteht das Risiko, dass beim einmaligen Anschauen nicht viel Differenziertes hängen bleibt. Auf der Facebook-Seite des Weltspiegels gab es folgende Reaktion
Dobby der Hauself lehnte sich am Ende gegen seine früheren Gebieter auf. Mila will einfach nur in Taiwan bleiben und wieder arbeiten, aber zu anständigen Bedingungen.
Ist Taiwan auf einem guten Weg, oder werden diese Probleme uns noch lange begleiten?
4 Antworten
@ Paul Klebert: Dämlich ist hier nur Paul Klebert, weil er in keiner Weise begründet, warum mein Kommentar dämlich ist, und weil er nicht mal dämlich richtig buchstabieren kann – echt dämmlich!!! Das ist so dämlich, das ist nicht mal zum lachen.
@Bruno Walther: Dämmlicher gehts echt nicht mehr. sorry wenn ich lache 😉
Viele Taiwaner sind ganz schaebige Rassisten, auch gegenueber Westlern, denn sowie man sie auch nur im geringsten kritisiert, faellt die oberflaechliche Freundlichkeit vom Gesicht ab und die miesse Fremdenfeindlichkeit zeigt ihre Fratze – erlebe ich fast jeden Tag, wenn ich Auto- und Motorradfahrer auf ihr gesetzloses Verhalten aufmerksam mache. Interessanterweise natuerlich fast nur Maenner.
„Ist Taiwan auf einem guten Weg, oder werden diese Probleme uns noch lange begleiten?“
Ich glaube: Sowohl als auch. Die jüngere Generation ist nach meinem Dafürhalten auf einem sehr guten Weg, nicht nur bezüglich der Behandlung von Gastarbeitern. Aber es wird vermutlich noch viele Jahre dauern, bis sich wirklich Entscheidendes ändert. Innerhalb der nächsten 5-10 Jahre wäre es für mich schon eine sehr positive Überraschung, menschenwürdige Arbeitsbedingungen und Einhaltung der Gesetze als Standard vorzufinden. Dazu gehört für mich auch, dass ausländische Arbeiter nach einer gewissen Zeit in Taiwan das Recht haben, zu bleiben und sich frei Jobs zu suchen, statt jederzeit Angst zu haben, dass sie nach Ende des Jobs zurück in ihr Heimatland müssen.
Ich habe eine Bekannte aus Indonesien, die in Taiwan als Pflegerin arbeitet. Sie hatte bisher noch viel Glück mit den Gastfamilien, wurde aber beispielsweise auch neben der eigentlichen Arbeit als Aushilfe in einem Geschäft eingesetzt, sprich sie musste zwei Jobs parallel erledigen. Freie Tage hingen rein von der Zustimmung der Familie ab, mit Glück gab es mal 1-2 Tage pro Monat. Das so etwas schon als „Gute Behandlung“ durchgeht, finde ich traurig.
Übrigens finde ich es sehr gut, solche Berichte von Dir zu lesen. Ich liebe Taiwan, aber gerade deshalb finde ich es wichtig, auch die negativen Seiten immer im Blick zu behalten was mir unter anderem durch Deine Berichte zunehmend besser gelingt. Sonst besteht ja schnell die Gefahr einer verklärten Traumwelt, wenn man nur die guten Seiten als Tourist kennt.