Schwimmen statt streiten: Kinmen im Weltspiegel
Neulich war Taiwan ein Thema im ARD-Weltspiegel. Das wohl renommierteste Auslandsmagazin im deutschen Fernsehen berichtete von einem grenzüberschreitenden Wettschwimmen: Vom chinesischen Xiamen nach Kinmen, das von Taiwan verwaltet wird.
120 Chinesen, 80 Taiwaner, acht Kilometer Schwimmen und ein Rennen – das Xiamen-Kinmen-Schwimmen fand am 6. Juli bereits zum fünften Mal statt. Die Richtung, in der die Schwimmer die Meerenge überqueren, wechselt von Jahr zu Jahr.
China links, Kinmen rechts. Das Ziel war dieses Mal in der Mitte, auf der Insel Lieyu („Little Kinmen“).
Kinmen: Brennpunkt im Kalten Krieg
Natürlich hat die Veranstaltung eine große symbolische und auch politische Bedeutung. Die ältere Generation kennt Taiwans Vorposten vielleicht noch unter dem Namen „Quemoy“. In den fünfziger und sechziger Jahren war Kinmen auch deutschen Nachrichten ein großes Thema: Eine der heißesten Frontlinien im Kalten Krieg, bewaffnet bis an die Zähne, Sperrgebiet sogar für Taiwaner, Ziel amerikanischer Militärausbilder und vor allem unzähliger chinesischer Artilleriegranaten.
Kein Wunder also, dass der Beitrag in der ARD unter dem Titel „Aussöhnung mal anders“ lief. Oder alternativ: „Invasion der Badehosen“.
(Video in der ARD-Mediathek, auch zum Download / Infos zum Nachlesen)
Nicht der erste ARD-Bericht von Kinmen
Mein Job war es, vor dem Rennen Kontakt zur Regionalregierung von Kinmen aufzunehmen, die Reise vorzubereiten und vor allem zwei Teilnehmer zu finden, die sich bereitwillig von der Kamera begleiten lassen. Zum eigentlichen Dreh konnte ich leider nicht mitreisen, weil ich gleichzeitig in Shanghai zu tun hatte (mehr dazu in einem eigenen Blogeintrag).
Den selben Reporter und Kameramann hatte ich bereits vor einem Jahr nach Kinmen begleitet. Damals drehten sie für den Weltspiegel mit einem Schmied, der aus alten Granaten Messer fertigt.
Lesetipp: Messer, Granaten und Kanonen
Grenzfragen: Schwierige Dreharbeiten
Da ich in die Planung des Schwimm-Beitrags von Anfang an eingebunden war, habe ich miterlebt, wie dieser Dreh sogar die ARD vor Herausforderungen stellte. Der Plan war, sowohl beim Start in Xiamen dabeizusein wie auch 90 Minuten später am Ziel in Kinmen. Die strengen chinesischen Visabestimmungen für Reporter (und auch die ARD-Strukturen) machten eine Arbeitsteilung nötig:
- Aus dem ARD-Studio Tokio, das auch Taiwan abdeckt, flog ein Team nach Taipeh und von dort nach Kinmen.
- Aus dem ARD-Studio Peking machte sich ein weiteres Team auf den Weg nach Xiamen.
- Das Taiwan-Team schnitt seine Sequenzen noch am selben Abend zusammen und überspielte sie nach Peking. Von dort ging der Beitrag zum Sender nach Hamburg.
Wer die ARD nicht von innen kennt, für den mag das nicht besonders kompliziert klingen, aber glauben Sie mir: Im Vorfeld war eine Menge Feinabstimmung nötig. Ich glaube, diese Form der Auslandsstudio-übergreifenden Zusammenarbeit für einen Einzelbeitrag war für den Weltspiegel sogar eine echte Premiere.
Zum besseren Verständnis haben die Kollegen noch diesen kleinen Blick hinter die Kulissen gedreht:
(Video in der ARD-Mediathek, auch zum Download)
Schön finde ich übrigens, dass die ARD ein unverkrampftes Verhältnis zur Verwendung von Begriffen wie „Taiwan“ und „China“ auch auf Landkarten hat:
Haben Sie den Beitrag gesehen? Halten Sie ihn für ein gelungenes Beispiel der Taiwan-Berichterstattung, oder hätten Sie etwas anders erzählt?
2 Antworten
Klasse Blogeintrag! Sehr schöner Beitrag, den die ARD da gedreht hat 🙂
Hallo Christoph, danke für die Rückmeldung! Freut mich, dass es Dir gefallen hat.