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Schatten der Vergangenheit: Taiwan und die Aufarbeitung der Diktatur

Im Souvenirshop der CKS-Halle gibt es T-Shirts mit dem Diktator zum Auf-der-Brust-Tragen.

Stellen wir uns mal vor, in Berlin würde eine Linkspartei-Regierung die Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen schließen und Walter Ulbricht eine Gedenkhalle widmen. Unvorstellbar, oder?

Kürzlich ist es mir gelungen, zwei nicht ganz unwichtige Themen in einem deutschen Medium unterzubringen: Die Rück-Umbenennung der Chiang-Kai-shek-Gedenkhalle (zuvor „Nationale Demokratie-Gedenkhalle“) und die Schließung der Gedenkstätte im ehemaligen Militärgefängnis Jingmei.

Beides sind Beispiele dafür, dass Teile der regierenden Kuomintang-Partei sich vielleicht doch noch nicht so ganz von ihrer autoritäten Vergangenheit (ca. 40 Jahre Einparteienherrschaft per Kriegsrecht, zehntausende tote Taiwaner) distanziert haben.

Der Beitrag lief in der Sendung „Fokus Asien“ im Radioprogramm der Deutschen Welle. Man kann ihn hier nachlesen.

Mir fehlt die Zeit, die Geschichte des Gefängnisses und der Namens-Kontroverse um die Gedenkhalle hier im Detail aufzurollen. Ich hoffe, irgendwann kann ich das nachholen. Bis dahin bildet Euch ein Urteil anhand des Radiobeitrags und dieser Bilder.

Für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich: Das ehemalige Militärgefängnis Jingmei (eigentlich in Xindian).
Für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich: Das ehemalige Militärgefängnis Jingmei (eigentlich auf dem Stadtgebiet von Xindian, nicht Taipeh).

Eine sehr schöne Fotogallerie des Jingmei-Gefängnisses vor und nach der Schließung mit weiteren Informationen hat Günter Whittome erstellt.

Die Menschenrechts-Gedenkstätte im Jingmei-Gefängnis.
Die Menschenrechts-Gedenkstätte im Jingmei-Gefängnis.

Blogger David Reid über die Eröffnung der Gedenkstätte 2007 und die geschlossene Ausstellung 2009.

Stacheldraht und Polizisten sorgen dafür, dass die Rück-Umbenennung der Chiang-Kai-Shek-Gedenkhalle ungestört über die Bühne geht (20.7.2009)
Stacheldraht und Polizisten sorgten dafür, dass die Rück-Umbenennung der Chiang-Kai-shek-Gedenkhalle ungestört über die Bühne ging. (20.7.2009)

Berichte über die Rück-Umbenennung der Chiang-Kai-shek-Gedenkhalle in der Taipei Times (regierungskritisch) und der China Post (regierungsfreundlich).

Nur wenige Demonstranten protestierten vor der Absperrung. (20.7.09)
Nur wenige Demonstranten protestierten vor der Absperrung. (20.7.2009)

Als einer ihrer ersten Amtshandlungen hatte die KMT-Regierung nach dem Amtsantritt im Mai 2008 den alten Zustand in der Gedenkhalle wieder hergestellt.

Innenraum der CKS-Halle im März 2008: Zu Füßen des Diktators eine Ausstellung über Taiwans Demokratiebewegung. Die Drachen sollten den "Wind der Freiheit" o.ä. symbolisieren.
Innenraum der CKS-Halle im März 2008: Zu Füßen des Diktators eine Ausstellung über Taiwans Demokratiebewegung. Die Drachen sollten den „Wind der Freiheit“ o.ä. symbolisieren.
Die Gedenkhalle heute: Absperrung statt Ausstellung. Außerdem wurde wieder eine Ehrenwache (nicht im Bild) aufgestellt.
Die Gedenkhalle heute: Absperrung statt Ausstellung. Außerdem wurde wieder eine Ehrenwache (nicht im Bild) aufgestellt.
Im Souvenirshop der CKS-Halle gibt es T-Shirts mit dem Diktator zum Auf-der-Brust-Tragen.
Im Souvenirshop der CKS-Halle gibt es T-Shirts mit dem Diktator zum Auf-der-Brust-Tragen.
KMT-Präsidenten unter sich: Chiang Ching-kuo (1978-88), sein Vater Chiang Kai-shek (bis 1975), Ma Ying-jeou (seit 2008).
KMT-Präsidenten unter sich: Chiang Ching-kuo (1978-88), sein Vater Chiang Kai-shek (bis 1975), Ma Ying-jeou (seit 2008).
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Klaus Bardenhagen

Klaus Bardenhagen

Comments

10 Antworten

      1. In Taiwan den Film zu sehen, dauert wohl noch eine Weile. Bin aber gespannt, ob Mas Regierung ihn zulassen und wie er darauf reagiert.
        Das originale Buch „Formosa betrayed“ kann man online lesen:
        http://www.romanization.com/books/formosabetrayed/index.html

        ein andere gleiche bedeutende Buch „Formosa calling“ von Allen Shackleton wurde aber erst im Jahr 1998 veröffentlichen:
        http://homepage.usask.ca/~llr130/taiwanlibrary/formosacalling/formosaframes.htm

  1. Man muss auch dies kritisch betrachten, denn es ist wurde zwar gesagt, dass die DPP diesen Entschluss nicht vom Parlament bestätigt lassen hat, aber es ist ebenso nirgends festgeschrieben, dass dies auch notwendig ist.
    Andererseits wollte die KMT dies vor einer geplanten Rückbenennung ebenfalls durchs Parlament ratifizieren lassen, was anscheinend kein Problem wäre. Dies ist ebenfalls nicht geschehen.

    Ob die KMT wirklich demokratischer ist, werden wir noch am Problem ECFA sehen. Eine Volksabstimmung hierfür wird unerlässlich sein.

  2. Na ja, man kann zu CKS durchaus kritisch eingestellt sein. Aber was die damals regierende DPP vor knapp zwei Jahren kurz vor Präsidentenwahl angestellt hat, war alles andere als demokratisch. Ohne sich um irgendwelche rechtlichen Notwendigkeiten zu kümmern, wurde die auf Taipei Stadtgebiet befindliche CKS Memorial Hall kurzerhand zur Nationalen Halle für Demokratie umbenannt, Schriftzeichen am großen Tor abmontiert. Es gab fast Zusammenstöße der Taipei Stadtpolizei, die die Abnahme der Schilder und Schriftzeichen verhindern sollte und der Staatspolizei, die die Arbeiter schützen sollte. Der Innenraum der Halle mit der großen CKS Statue wurde zu einer Art Zirkus umfunktioniert. Alles für den Wahlkampf. Der damalige DPP Präsident verlor letztendlich die Wahl trotzdem erdrutschartig, zur Zeit sitzt er wegen massiven Korruptions- und Bestechungsvorürfen in U-Haft. Was jetzt unter der KMT Regierung geschah, war lediglich eine Wiederherstellung des Zustandes vor zwei Jahren, indem die illegalen Veränderungen beseitigt wurden.

    1. Diese Frage thematisiere ich ja auch in meinem Beitrag.

      > vor knapp zwei Jahren kurz vor Präsidentenwahl

      Du meinst: kurz vor der Parlamentswahl 2007. Die Präsidentenwahl ein paar Monate später konnte Chen gar nicht verlieren, bei der war er nach zwei Amtszeiten nicht mehr angetreten.

      > Der Innenraum der Halle mit der großen CKS Statue wurde zu einer Art Zirkus umfunktioniert.

      Ich habe oben mal ein paar Bilder mit dem Damals-Heute-Zustand eingestellt. Die Ausstellung über Taiwans Demokratisierung, die Du als „Zirkus“ bezeichnest, war mir allemal lieber als die Ödnis heute.

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