Wichtige Neuerung für alle Einreisenden nach Taiwan: Es gibt vorerst keine Heimquarantäne mehr. Alle Einreisenden müssen nun 14 Tage in ein Quarantänehotel oder eine staatliche Einrichtung. Das betrifft auch alle, die aus Deutschland nach Taiwan reisen. Und die meisten werden es selbst bezahlen müssen. Schuld ist die Delta-Variante.
14 Tage Pflichtquarantäne für alle Einreisen nach Taiwan sind ja nichts Neues. Seit mehr als einem Jahr gab es für Einreisende im Prinzip zwei Möglichkeiten:
- Heimquarantäne (zunächst in einem Zimmer mit eigenem Bad, ab Mitte Januar 2021 durften nur noch mit dem selben Flug Angekommene in der selben Wohnung sein)
- Spezielle Quarantänehotels (kostenpflichtig)
Als ich im Januar 2021 nach einem Deutschlandaufenthalt wieder in Taiwan landete, entschied ich mich für die Quarantäne in einem Hotel. Besonders auf Twitter teilte ich viele Eindrücke. Ich glaube, dass sie nun auch wieder Einige interessieren werden.
Keine Heimquarantäne mehr in Taiwan
Was ist nun passiert? Am 25. Juni hatte Gesundheitsminister Chen Shih-chung auf seiner täglichen CECC-Pressekonferenz Neuigkeiten mitgebracht (offizieller Text auf Englisch):
- Einreisende aus sieben Delta-Risikoländern müssen in Taiwan 14 Tage in eine staatliche Quarantäneeinrichtung: Brasilien, Indien, Großbritannien, Peru, Israel, Indonesien und Bangladesch. Die Kosten übernimmt Taiwan. (Ähnliche Regeln galten übrigens schon zu Jahresbeginn 2021 für Einreisende aus Großbritannien wegen der inzwischen als Alpha bekannten Corona-Virusvariante.)
- Umsteigen oder Transit in einem dieser Länder reicht aus.
- Alle anderen Einreisenden müssen ebenfalls 14 Tage in so eine staatliche Quarantäne-Einrichtung – oder in ein privates Quarantäne-Hotel, das sie sich selbst aussuchen können. Sie müssen in jedem Fall selbst bezahlen. Die Quarantäne zuhause ist damit abgeschafft.
- Am Ende der 14 Tage steht nun immer ein PCR-Test. (Die Ende 2020 eingeführte Testpflicht vor dem Abflug besteht weiterhin.)
- Alles dies gilt für Taiwaner genauso wie für Ausländer.
Weil die neuen Regeln schon am 27. Juni, also weniger als 48 Stunden später, in Kraft traten, gab es natürlich sofort einige Verwirrung. Am 26. Juni präzisierte das CECC (offizieller Text auf Englisch):
- Einreisende aus einem Nicht-Risikoland (also z.B. aus Deutschland) können Zimmer in den staatlichen Quarantäneeinrichtungen für 2000 NT$ pro Nacht und Person buchen, wenn sie kein Hotel buchen wollen oder können.
- In diesen staatlichen Einrichtungen können Kinder unter 12 kostenfrei im Zimmer eines Elternteils wohnen. Kinder bis 18 können ebenfalls bei einem Elternteil bleiben, aber (außer bei Einreise aus einem Risikoland) nicht gratis.
- Weitere offizielle Informationen und der Link zur Buchung der staatlichen Unterkünfte finden sich auf der Website von Taiwans Gesundheitsministerium.
Hotelkomfort sollte man in so einem Quarantänezentrum der Regierung allerdings nicht erwarten. Dieses vom CECC zur Verfügung gestellte Bild erinnert eher an Jugendherbergen ca. 1982:
Zumindest gibt es wohl W-LAN und drei im Preis inbegriffene Mahlzeiten täglich.
Hier noch ein Bild aus Hualien:
Warum wurde die Heimquarantäne in Taiwan abgeschafft?
Der Grund ist die hochansteckende Delta-Variante des Coronavirus. Diese zuerst in Indien identifizierte Virus-Mutante wurde nun erstmals auch in Taiwan festgestellt, und zwar in Pingtung ganz im Süden. Die Ursache dafür, dass sie die Vorsichtsmaßnahmen überwinden konnte, war offenbar: Jemand hatte sich in der Heimquarantäne nicht an die Regeln zur Isolation gehalten.
Eine Frau und ihr Enkel waren am 6. Juni aus Peru nach Taiwan zurückgekehrt. Während der Quarantänezeit hatten sie offenbar Kontakt zu einer 71-Jährigen, die sich ebenfalls infizierte – mit der Delta-Variante, wie sich später herausstellte. So entwickelte sich dann ein Cluster (aktueller Bericht auf Englisch).
Wenigstens erklärte das CDCC heute (am 27. Juni), bei ausgeweiteten Tests im Umfeld des Clusters in Pingtung seien noch keine weiteren Infektionen entdeckt worden.
Zu verdanken haben wir die neuen Regeln also der extremen Infektiosität der Delta-Variante, aber auch menschlichem Versagen. Wie so oft. An der Heimquarantäne an sich lag es nicht. Aber offenbar ist das CECC nicht mehr davon überzeugt, dass sich die Abschottung gut genug kontrollieren lässt. Wenn etwa eine Nachbarin an der Tür klingelt, hilft auch keine Handyortung der in der Wohnung befindlichen Personen.
Wie sicher sind Quarantänehotels?
Nun ist es allerdings nicht so, dass alle Quarantänehotels sich bislang als unüberwindbare Bollwerke gegen Ansteckungen erwiesen haben. Der auf China-Airlines-Personal zurückgehende Ausbruch, der uns Mitte Mai den nach wie vor andauernden Lockdown Light bescherte, hing auch mit Schlampereien in einem Quarantänehotel in Taoyuan zusammen. Wohl auch wegen fehlender Regeln zum Testen dieser Risikopruppe infizierten sich dort im April mehrere Mitarbeiter. Ein Hotelmanager spazierte sogar über mehrere Tage mit Symptomen zu verschiedenen Ärzten, bis er endlich getestet wurde.
Inzwischen hat das CECC erkannt, dass es ein Fehler war, Risikogruppen nicht gezielt zu testen. Man kann nur hoffen, dass das Hotelpersonal nun, da ihnen viele neue Gäste beschert werden, strengeren Regeln unterliegt. 2020 konnte der Coronavirus-Wildtyp einige Schlampereien offenbar noch verzeihen. Im April/Mai ging es schon um die Alpha-Variante. Und nun, mit der Delta-Variante, kann jede noch so kleine Lücke, jeder noch so flüchtige Kontakt, verhängnisvoll sein. (Deshalb müsste ja um so schneller geimpft werden.)
Wie finde ich ein Quarantänehotel?
Vorerst führt kein Weg daran vorbei: Wer nach Taiwan einreist (und nicht 14 Tage in einer staatlichen Einrichtung leben will), muss sich ein Zimmer in einem zertifizierten Quarantänehotel suchen und bezahlen. Anfragen und Buchen muss man selbst erledigen – natürlich rechtzeitig vor dem Abflug.
- Hier findet sich eine Übersicht für ganz Taiwan. (Auf die chinesischen Zeichen der Wunschregion klicken, die Liste klappt dann auf.)
- Hier eine Liste der Hotels zur Quarantäne in Taipei City.
Dabei ist einiges zu bedenken:
- Nur eine Person pro Zimmer. Gilt auch für gemeinsam eingereiste Paare.
- Kinder unter 18 dürfen zu einem Elternteil mit aufs Zimmer (wohl gegen Aufpreis). Für Pflegebedürftige etc. gibt es auch Ausnahmen. (Offizielle Quelle: Frage 45 in diesen chinesischen Q&A)
- Fällig werden im Endeffekt fast immer 15 Tagesraten, nicht 14. (14 Nächte, der erste und der letzte Tag zählen mit. Die Zeit des Check-Out richtet sich nach der Zeit der Ankunft.)
- Taiwaner und Inhaber einer APRC-Daueraufenthaltsgenehmigung werden vom Staat mit 800 NT$ pro Tag subventioniert. Andere (auch Inhaber einer reinen ARC) nicht. Viele Hotels weisen daher von Anfang an zwei unterschiedliche Zimmerpreise aus.
- Verpflegung ist eigentlich immer dabei. Wer eigene Vorlieben hat, kann sich das ins Hotel liefern lassen und muss das natürlich selbst bezahlen.
- Die Preise haben je nach Standard des Hotels eine sehr große Von-Bis-Spannbreite. Man kann aber für weniger als 3000 NT$ pro Tag schon sehr vernünftige Zimmer finden – wenn sie noch nicht ausgebucht sind.
- Achtung: Sehr günstige Zimmer haben manchmal kein Fenster. Und längst nicht in jedem Hotel lassen sich Fenster zum Lüften öffnen. Also vorher klären.
Dies war mein Zimmer in Taipeh im Januar, im Orange Hotel Ximen, für 2200 NT$ pro Tag inkl. Subvention:
Was ich von den neuen Regeln halte
Meine Meinung: Taiwans Behörden haben das Recht, ihre Maßnahmen so hoch zu schrauben, wie sie es für angemessen halten. Verantworten müssen sie sich vor ihrer Bevölkerung. Das heißt aber nicht, dass man einzelne Punkte nicht auch hinterfragen oder kritisch sehen kann.
Momentan dürfen sowieso nur noch Menschen nach Taiwan reisen, die einen guten Grund haben: Staatsbürger, Ausländer mit Aufenthaltstitel (und oft mit Familie in Taiwan), einige Geschäftsreisende. Kaum jemand von ihnen wird derzeit aus Jux und Dollerei in der Weltgeschichte umherfliegen. Bei vielen werden im Gegenteil familiäre Notfälle oder andere Dringlichkeiten der Grund sein. Sehr viele taiwanische Familien haben z.B. Angehörige, die in den USA oder Kanada leben.
In vielen Fällen (außer bei Geschäftsreisenden, bei denen sowieso die Firma zahlt) konnten die Einreisenden – im Rahmen der Regeln, also meist alleine – ihre 14 Tage Quarantäne in Privatwohnungen verbringen. Einige Familien haben leerstehende Zweitwohnungen, bei anderen wichen die in Taiwan Verbliebenen für die Zeit der Quarantäne zu anderen Verwandten aus.
So ließ sich für viele auch die Quarantäne mit Arbeiten im Home-Office sinnvoll nutzen. Vom Monitor bis zur Webcam und nötigen Unterlagen war ja alles vorhanden. Das ist in den Hotels anders. Was man nicht von vornherein im Gepäck hat, müsste man sich zum Hotel bringen lassen – falls jemand vor Ort ist, der das erledigen kann.
Natürlich ist es auch eine Preisfrage: Mit zusätzlichen Kosten von mindestens 1000 Euro pro Person für 14 Tage Hotelquarantäne, eher mehr, verdoppelt sich quasi der Preis des Tickets und damit der Reise.
Da mag manch einer auf eigentlich dumme Gedanken kommen – etwa den, auf dem Rückflug nach Taiwan bewusst in London umzusteigen, weil dann ja die Regierung die Kosten der Unterkunft übernimmt. Das wäre natürlich extrem kontraproduktiv.
Für die Betreiber der Quarantänehotels bedeuten die neuen Regeln natürlich ein deutlich besseres Geschäft. Anfang Juni hatten sie sich noch bei der Regierung darüber beschwert, dass die Auslastung (auch aufgrund der verschärften Maßnahmen und Einreisebestimmungen) zurückgegangen war.
War die Heimquarantäne ein besonderes Problem?
Selbstverständlich geht es derzeit vor allem darum, die Ausbreitung des Coronavirus in Taiwan zu unterbinden – ganz besonders der Delta-Variante. Wie tückisch die ist, habe ich oben bereits erwähnt. Schon zu Jahresbeginn mussten aus Großbritannien Einreisende ja aus gutem Grund (der Alpha-Variante) in staatliche Quarantänezentren.
Ich bin aber derzeit nicht überzeugt, dass im Blick auf alle Anderen, die nicht aus besonderen Risikogebieten einreisen, das bisherige Heimquarantäne-System eine besondere Achillesferse darstellte. Bei dem Fall in Pingtung lag ja eine klare Regelverletzung vor, wie sie überall vorkommen kann – auch in Quarantänehotels, wie dieser Fall aus dem eigentlich besonders strengen Australien zeigt.
Auch zur Hotelquarantäne müssen Eingereiste übrigens mit (speziell zertifizierten) Taxis gefahren werden, genau wie zu einer Wohnung.
Keine Erleichterungen für Geimpfte
Und ich kann nachvollziehen, dass dies für Stirnrunzeln sorgt: Auch komplett durchgeimpfte Personen bekommen keine Erleichterung und müssen die vollen 14 Tage isoliert bleiben. Noch im März 2021 hatten Taiwans Behörden erwogen, die Quarantäne für Geimpfte auf sieben Tage zu verkürzen. Mitte Juni gab Minister Chen bekannt, das sei kein Thema mehr.
Natürlich hatte Taiwan in der Zwischenzeit seinen Ausbruch erlebt, einen Lockdown verhängt, und die Gefährlichkeit neuer Varianten war noch deutlicher geworden.
Schließlich könnten auch Geimpfte das Virus in sich tragen, weitergeben und andere anstecken. Ein einziger Delta-Fall könnte da reichen, um viel zunichte zu machen.
Es gibt keinen schnellen Weg zurück zur Normalität
Anfang 2020 war Taiwans Reaktion auf das Coronavirus mustergültig gewesen. Mit dem Ausbruch Mitte Mai 2021 wurde dann klar, dass die Behörden auf diese Situation leider nicht mehr annähernd so gut vorbereitet waren. Stichworte: Tests, Bettenkapazitäten, Impfen. Da ging viel Vertrauen wieder verloren.
Momentan versuchen die Behörden, dieses Vertrauen durch besonders strenge Maßnahmen wieder zurückzugewinnen. Die Infektionszahlen gehen seit einigen Wochen wieder deutlich zurück. Doch nun droht Delta. Verständlich, dass man auf Nummer sicher gehen will.
Was aber nach meiner Beobachtung in der Kommunikation zu kurz kommt, ist der Zeithorizont. Egal, wie streng die Maßnahmen sind – die Lage wird nicht in wenigen Wochen wieder normal und entspannt sein. Wegen Alpha, Delta & Co. wird Taiwan sich weiter abschotten müssen bis mindestens 60, besser über 80 Prozent der Bevölkerung zweimal geimpft sind. Das wird viele Monate dauern – und die Geduld der Menschen noch so manches Mal auf eine harte Probe stellen.
Die Unannehmlichkeiten durch die verschärfte Quarantäne sind da nur ein Anfang.
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