In meinem Regal bin ich gerade wieder auf ein Buch gestoßen, das ich jedem, der an Taiwan interessiert ist, ans Herz legen kann: „A Taste of Freedom“ von Peng Ming-min.
1923 geboren, ist Peng Ming-min eine lebende Legende in Taiwans Unabhängigkeitsbewegung – ähnlich wie der noch ältere Su Beng, wenn auch mittlerweile nicht mehr so aktiv.
Dieses Buch hat Peng Anfang der 1970er Jahre im US-Exil geschrieben.
Nach seiner Rückkehr wurde er 1996 Kandidat der DPP bei Taiwans ersten freien Präsidentenwahlen. Er unterlag damals Lee Teng-hui, einer weiteren über 90-jährigen Schlüsselfigur in Taiwans Demokratisierung.
Bei den Präsidentenwahlen 2012 war er Galionsfigur eines – nominell unabhängigen, de facto „grünen“ – Komittees von Wahlbeobachtern.
Noch Mitte 2015 tauchte er wieder in den Medien auf, als Mitbegründer einer Pro-Unabhängigkeits-Partei jenseits der DPP.
Was ihn für mich besonders interessant macht, ist aber seine Rolle im Taiwan der 1960er Jahre – lange vor Wirtschaftsboom, Tangwai-Bewegung, Formosa Incident usw.
Jugend unter den Japanern
In seiner Jugend unter japanischer Herrschaft besuchte Peng die besten Schulen und Universitäten Taiwans und Japans. Er verlor bei einem amerikanischen Luftangriff einen Arm und erlebte den Abwurf der Atombombe auf Nagasaki.
Nach dem Krieg war er einer der ersten Studenten an der Taida (National Taiwan University) und Zeuge des 228-Massakers.
In den fünfziger Jahren studierte er internationales Recht in Kanada und Paris, kehrte nach Taiwan zurück und wurde jüngster Professor an der Taida.
Ihm stand eine glänzende Karriere bevor. Sogar die ROC-Regierung schickte den gebürtigen Taiwaner einmal mit ihrer Delegation zur UN nach New York.
Doch er entschied sich für einen anderen Weg.
Verhaftet und geflohen
1964 wurde Peng verhaftet, weil er mit Freunden ein Manifest für eine demokratisch gewählte Regierung verfasst hatte.
Er saß mehr als ein Jahr im Gefängnis und wurde zu acht Jahren verurteilt, doch wegen seiner Prominenz wurde er schließlich „nur“ unter Hausarrest gestellt.
1970 gelang es Peng trotz strenger Überwachung, verkleidet aus Taiwan zu fliehen.
Einer, der ihm dabei half, war der Missionar Milo Thornberry, den ich vor einigen Jahren bei einem Vortrag treffen konnte.
Asyl in Schweden, Exil in Amerika
Peng musste seine Familie zurücklassen und schaffte es nach Schweden, wo er politisches Asyl erhielt. Schließlich ging er in die USA.
Erst 1992 durfte er wieder in seine Heimat zurückkehren.
„A Taste of Freedom“ hat er für amerikanische Leser geschrieben, zu einer Zeit, als die USA noch die ROC als rechtmäßiges China anerkannten.
Es ist eine spannend und flüssig erzählte Lebensgeschichte, ohne akademische Vorbildung verständlich und in vieler Hinsicht heute noch aktuell.
Wer es liest, kann die Geschichte Taiwans und viele der gegenwärtigen politischen Diskussionen besser verstehen.
Das Buch sollte im Handel erhältlich sein (Amazon.de), es steht aber auch komplett im Netz.