Kreative Füllungen und falsche Deutsche
Von wegen in Asien gibt’s nur Reis und Hühnchen süß-sauer: An leckerem Brot herrscht hier in Taiwan kein Mangel. Und während Deutschlands Bäckereien zusehends zu reinen Verkaufs-Filialen werden, sehe ich in Taipeh immer mehr kleine Läden, in denen auch frisch gebacken wird.
Abgesehen davon, dass es Hefeteig enthält, hat Taiwans Brot mit dem deutschen allerdings nicht allzu viel gemeinsam. Es ist weich, oft gefüllt, und wird normalerweise ohne Aufstrich oder Belag gegessen. Viele Varianten würden wir in Deutschland eher als Teilchen oder Gebäck bezeichnen.
Die Füllung birgt Überraschungen
Gemeinsam haben so gut wie alle Bäckereien, dass man sich mit Tablett und Greifzange selbst bedient. Dicht an dicht sind die verschiedenen Sorten in Regalen aufgereiht. Nicht immer sieht man den guten Stücken an, was drin steckt. Was von außen wie ein süßes Milchbrötchen aussieht, enthält vielleicht eine Thunfisch-Mais-Füllung, süße rote Bohnen oder eine (leckere!) lila Paste aus der Taro-Knolle.
Ebenfalls beliebt sind getrocknetes Fadenfleisch (schmeckt süßlich) und Käse, der gleich brockenweise verbacken wird. Auch Schwarztee oder Karamell als Geschmacksträger sind kein Problem. Das wird zumindest nicht langweilig. Es gibt aber auch Vollkorn-Rosinen-Nuss-Variationen, die keiner Erklärung bedürfen.
So ein Brötchen-großes Teil kostet umgerechnet etwa 80 Cent, ein größerer Laib von ca. 500 Gramm 1,50 bis 2 Euro.
Deutlich teurer sind Bäckereien, die sich einen französischen Anstrich geben, mit Namen wie „Maison du Pain“, auf alt gemachten Holzvertäfelungen und einem Korb Baguettes in jeder Ecke. Die finden sich meist in unmittelbarer Nähe zu Luxus-Boutiquen und überteuerten westlichen Restaurants.
„Mr. Mark“ ist kein echter Deutscher
Und was ist mit deutschem Brot? Da gibt es einmal die Kette „Mr. Mark“. Die Firmenlegende besagt, dass sie von einem Deutschen gegründet wurde, der als muffelig dreinblickender Schnauzbart-Bayer noch immer das Logo ziert, ergänzt durch das urdeutsche Motto „Natürliche Gesundheit durch ausgewählte Zutaten.“
Auch, wenn in den Filialen schon mal eine Kuckucksuhr an der Wand hängt: Das ist natürlich nur ein Marketing-Gag. Mister Marks Brot unterscheidet sich von der Mehrzahl der Taiwan-Bäckereien nur durch etwas häufigere Verwendung von Vollkornmehl.
Bäcker Wendel backt in Taipeh statt Ludwigshafen
Echtes deutsches Brot, mit knuspriger Kruste, schwerem dunklem Teig und ohne abwegige Zutaten, findet man in Taipeh bei Bäcker Michael Wendel. Der hatte sich vor Jahren für Taiwan entschieden, statt den Familienbetrieb in Ludwigshafen weiterzuführen.
Lesetipp: Schwarzbrot in Taipeh – mein erster Besuch bei Wendel im Jahr 2008
Dank regelmäßiger Fernsehberichte ist Wendel hier ein kleiner Medienstar geworden. Während die pseudo-französischen Bäckereien für Luxus stehen, betont er in mittlerweile drei Filialen Gesundheit, Natürlichkeit und Familientradition. Sein Schwarzbrot nennt er übersetzt „Teufelsfurz“ (魔鬼屁), der Ballaststoffe wegen.
Ab und zu veranstaltet er Kurse für seine Kunden zur Frage „Wie belege ich ein Brot richtig?“, damit die klassische Stulle auch in Taiwan Freunde findet.
Oma Ursel rüstet auf
Seit einiger Zeit macht „Oma Ursel“ Wendel Konkurrenz: Die Betreiber des deutschen Restaurants in der beliebten Yongkang St. haben ihre Backstube ausgebaut und im Lokal eine Verkaufstheke für Backwaren eingerichtet. Auch hier ist die Auswahl sehr ordentlich, und man kann viele Sorten vor dem Kauf probieren.
Schließlich hat hier noch jemand so etwas ähnliches wie eine deutsche Bäckerei in Tamsui (Danshui) ausfindig gemacht:
(Video)
Ein Problem haben alle Bäckereien: Taiwans hohe Luftfeuchtigkeit sorgt dafür, dass frisch gekauftes Brot noch am selben Tag weich wird. Wer also eine knusprige Kruste statt Schlabber-Brot will, kommt ums Aufbacken nicht herum. Gut, wenn man einen Backofen hat – der gehört in taiwanischen Küchen nicht zur Standard-Ausstattung.
Wie lösen Sie das Problem, und haben Sie ein Lieblings-Brot in Taiwan?
4 Antworten
Carrefour in Taiwan? Dann gibt es sicher auch Tapenade, Puy-Linsen und, Gipfel der Dekadenz, Wasser in Sprühdosen. Selten habe ich ein derart überflüssiges Produkt gesehen.
Danke für den tollen Bericht! auch interessant, das erste mal einen Westler durchaus angetan vom Taiwanbrot zu sehen 🙂 Zu Deinen Fragen: Mein Lieblingsbrot war vom Wendel’s das Kosackenbrot. Zurück in Deutschland suche ich immer noch was ähnliches, hab aber zumindest ein anderes, neues, Lieblingsbrot gefunden. Ich kaufte immer in Tienmu einen geschnittenen Kosackenlaib und fror die Scheiben paarweise ein. Dann aufbacken oder auch mit der Mikrowelle auf höchster Stufe auftauen – fertig. Dazu gute französische Butter vom Carrefour gegenüber, oder auch Käse von dort – und natürlich eingelegte Chilis aus Hualien. Herrlich! Natürlich nicht oft – dafür sind die einheimischen Leckereien viel zu gut 😉
Oh ja, das Kosackenbrot ist was Feines. Oder gleich der Pumpernickel, je schwärzer desto besser!
Carrefour will bald noch mehr Märkte in Taiwan bauen, das sind ja gute Aussichten. Dort gibt’s als Eigenmarke nun auch erschwinglichen Natur-Joghurt ohne Zucker.
Danke fuer diesen Bericht. Jetzt weiss ich endlich, wo ich auch mal dt. Brot bekommen kann. 🙂 Denn die ganzen Baeckereien hier meide ich mittlerweile. Weil, viele kuenstliche Aromen benutzt werden und Backmitteln en masse eingesetzt werden, damit alles weich und luftig wird. Ich bekomme jedes mal Sodbrennen. Wer seine Gesundheit liebt, sollte hier vorsichtig sein.