Giant – Taiwans Fahrrad-Riese
Vielleicht fahren Sie ein Rad Made in Taiwan – und ahnen nichts davon? Giant, einer der größten Hersteller weltweit, sitzt hier auf der Insel.
Vor einiger Zeit hatten wir mit einer Journalistengruppe das Werk besichtigt und mit dem Chef geplaudert. Für Antony Lo ist Deutschland der wichtigste Markt in Europa. Besonders freut er sich darüber, dass wir Geschmack an E-Bikes gefunden haben, die den Radler per Elektromotor unterstützen. „Früher haben Deutsche vielleicht 500 Euro für ein gutes Rad ausgegeben. Heute sind es 2000 Euro und mehr für ein E-Bike.” Daran verdient seine Firma gut.
„Made in Taiwan“ ist auch nicht mehr, was es mal war
Das Label “Made in Taiwan” stand ja mal für billige Massenware. Mit Plastikspielzeug, Regenschirmen und Textilien begann in den siebziger Jahren das Wirtschaftswunder.
Heute produziert Taiwan High Tech-Produkte mit Marken wie Asus oder HTC. Auch Giant hat sich in den vergangenen 40 Jahren neu erfunden.
1972 gegründet, war das Unternehmen zunächst ein klassischer Auftragsproduzent (OEM). In den Achtzigern etablierte Giant den eigenen Markennamen und investierte in die damals noch sehr teure Kohlenstoff-Faser-Technik, die besonders leichte Rahmen ermöglicht.
Heute produziert Giant nach eigenen Angaben mehr als fünf Millionen Fahrräder jährlich und liegt mit mehr als 1,5 Mrd. US-Dollar Umsatz weltweit an der Branchenspitze.
Seit 1992 gibt es auch Werke in China. Aber anders als viele taiwanesische Unternehmen hat Giant nicht seine komplette Fertigung aufs Festland verlagert. In Taiwan stellen 2000 Arbeiter Kohlenstoff-Faser-Teile her und montieren besonders hochwertige Räder. Darunter auch Gastarbeiter aus südostasiatischen Ländern.
So sieht die Montage in der Giant-Fahrrad-Fabrik in Taichung aus (Video):
Und wer hätte das gedacht? Speziell für den europäischen Markt produziert Giant in Holland mit etwa 500 Mitarbeitern.
Fahrräder als Premium-Produkte
Das Wettrennen um den günstigsten Preis wolle er nicht mitmachen, sagt Antony Lo. Etwa die Hälfte des Umsatzes kommt aus Europa und den USA – Regionen, in denen kaufkräftige Kunden das Fahrrad als Sportgerät entdecken. “Früher galten Fahrräder eher als billiges Spielzeug”, erzählte Lo uns. “Heute erkennen immer mehr Menschen, dass sie damit etwas für ihre Gesundheit tun können.” Und zwar auch in entwickelten asiatischen Ländern wie Taiwan und Südkorea.
Giant betreibt in Taipeh im Auftrag der Stadtregierung das Youbike-Leihfahrrad-System. Im vergangenen Jahr hat es zwar rasant an Beliebtheit gewonnen, weil mehr Leihstationen aufgemacht wurden. Dennoch hat sich bei Taiwans Pendlern das Rad noch nicht wirklich durchgesetzt.
Immerhin: viele Großstädter, die per Motorroller oder Auto zur Arbeit fahren, schwingen sich am Wochenende in voller Profi-Montur auf den Sattel und erkunden die Umgebung.
Lesetipp: Die besten Strecken zum Radfahren in Taipeh
Das Rad neu erfinden kann Giant nicht, aber zumindest am Detail feilen: Im April 2013 eröffnete die Firma in Düsseldorf ihre erste deutsche Fahrradhandlung unter dem eigenen Namen. Dort gibt es auch eine Produktreihe mit Rädern speziell für Frauen. “Früher waren Damenräder einfach nur ein bisschen kleiner”, sagte Lo. “Dabei ist der Körperbau von Frauen ganz anders. Vor ein paar Jahren haben wir weibliche Ingenieure und Designer darauf angesetzt, und nun verkaufen wir Räder von Frauen für Frauen.“
Wenn Sie also Taiwans Wirtschaft unterstützen wollen, treten Sie doch mal wieder in die Pedale.
So radelt es sich in Taipeh: Mein Video aus Fahrrad-Perspektive
Lesetipp: Wie man als Radfahrer in Taipeh überlebt
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Eine Antwort
„Dabei ist der Körperbau von Frauen ganz anders“
Wofür ich dem Herrgott danke.