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Vorsicht! Taiwans skurrile Warnschilder

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So gefährlich ist die Welt

Tödliche Rolltreppen! Fallende Blätter! Warnungen vor Gefahren, von denen man gar nichts ahnte, sind in Taiwan überall zu sehen. Woher kommt das?

Nicht rennen! Nicht anlehnen! Festhalten! Und bitte die Schnürsenkel nicht einklemmen. Das waren so ziemlich die ersten Schilder, die ich auf Chinesisch lesen konnte. Damals, 2008, war ich gerade in Taipeh angekommen und freute mich über das supermoderne U-Bahn-Netz.

Schnell, sauber… und sicher? Nicht, wenn man den massenhaft angebrachten Warnschildern glaubte.

Dass auf einer ganz normalen Rolltreppe massive Gefahren lauern, war mir zuvor gar nicht bewusst gewesen.

Jetzt meinen Blogeintrag lesen: Die Rolltreppen des Todes in Taipeh

Skurril, dachte ich mir, und ging meiner Wege. Doch dann, im Lauf der Zeit, fielen mir in Taiwan immer mehr Schilder auf. Sie warnten vor Gefahren, die mir neu waren. Einige nachvollziehbar (Bären, Schlangen), einige weniger („Vorsicht von fallenden Kokos-Blättern!“).

Weil sie oft grafisch hübsch gestaltet waren, knipste ich sie im Vorbeigehen rasch, und so entstand im Lauf der Jahre eine kleine Sammlung, aus der Sie hier einige Beispiele sehen können.

Woher kommt die Angst?

Wir Deutsche sorgen uns gerne um alles, was schief gehen könnte, das stimmt schon. In Taiwan scheint mir die Angst an der Welt aber noch einmal anders ausgeprägt zu sein. Wo kommt sie her? Wer kommt darauf, so liebevoll vor Risiken zu warnen, von denen man normalerweise nicht einmal etwas ahnt?

Ich glaube, es hat zu tun mit einem vergleichsweise weniger ausgeprägten Gefühl für Eigenverantwortung, mit dem Wunsch nach einer komfortablen und problemfreien Lebenswelt, und wohl auch mit der Angst, Schuld zu sein, falls tatsächlich etwas passiert.

Entscheidungen werden abgenommen

Mal ganz grob verallgemeinert: Viele Taiwaner sind nicht gerade Individualisten, sondern darauf geprägt, zu tun, was andere (Eltern, Chefs, die Gesellschaft) von ihnen erwarten. Wie im Schulsystem, wo vor allem auswendig gelernt wird, schätzt man klare Anleitungen. Eigenständige Problemlösungen sind weniger gefragt. Wird einem dann auch noch die Arbeit abgenommen, selbst nach möglichen Gefahrenquellen Ausschau zu halten – umso besser.

So drückte es ein anderer deutscher Blogger 2012 aus: „Taiwan ist ein Land mit hoher Unsicherheitsvermeidung. So wird man oft mit Warnschildern auf Dinge hingewiesen, die jedem Menschen mit Verstand völlig klar sein sollten.“

In Deutschland sind solche Tendenzen auch nicht unbekannt und werden zum Beispiel unter dem Stichwort „Nanny-Staat“ diskutiert.

Der Wunsch, die Welt beherrschbar zu gestalten, führt zu einer Sehnsucht nach „Convenience“. Das bedeutet so viel wie praktisch und bequem zugleich.

Taiwaner lieben es convenient: Kurze Wege, wenig warten, alles nach Wunsch. Was unbeherrschbar oder unplanbar ist, stört. Also besser frühzeitig darauf hinweisen, dass ein Blatt vom Baum fallen könnte.

Und wenn es dann doch herunterfällt, direkt ins Auge eines unvorsichtigen Parkbesuchers? Niemand will dafür verantwortlich sein, womöglich gar Schadenersatz zahlen müssen.

Also besser sich einmal zu oft absichern als zu selten. Mit solchen Schildern.

Oder haben Sie eine andere Theorie?

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Klaus Bardenhagen

Klaus Bardenhagen

Comments

2 Antworten

  1. Im Tri-Service Hospital in NeiHu hatten sie mal (ich glaube es ist mittlerweile weg?) ein Schild an einer glatten Treppe im Atrium, das auf Englisch „Alten, Frauen und Kindern“ das Benutzen der Treppe verboten hat. Vermutlich hat man an hochhackige Schuhe gedacht. Natürlich nehmen Damen die Treppe ebenso. Hatte es mal fotografiert und bis heute wieder vergessen.

  2. Besonders skurril finde ich, dass zwar vor allem möglichen Unsinn auf teils liebevolle Art gewarnt wird, sich dafür aber kaum jemand um die echten Gefahren kümmert (ok, an jeder Straße ein Schild „Vorsicht, irre Autofahrer!“ wäre auch etwas übertrieben).
    Vielleicht erinnert sich manch einer noch an den Unfall beim Neubau der Bahnstrecke in Taichung, als ein Teil abstürzte und ein Auto unter sich begrub. Offenbar wird lieber vor herabfallenden Blättern gewarnt, als bei echter Gefahr die Straße für 10 Minuten zu sperren. Und das wird dann natürlich erst so richtig gefährlich mit der von Dir genannten Unselbstständigkeit. Da fährt man dann einfach unter dem schwebenden Bahnstück hindurch, statt selbst drauf zu kommen, dass Abwarten klüger wäre. Stand ja schließlich kein Schild da.

    Einer meiner Favoriten:
    http://www.danielrathjen.de/AsiaGallery/images/2015/Taiwan/DSC06033_1.jpg
    Unter dem Vordach des Gebäudes, vor dem sich dieses Schild befand, standen natürlich Getränkeautomaten. Ganz nach dem Motto: Vorsicht, Lebensgefahr – aber tretet doch näher und kauft Euch was!

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