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Taiwan und das „Reformhaus Germany“

Reformhaus Verkäuferin

Warum Taiwaner auf deutsches China-Öl abfahren (und viel Geld ausgeben)

Es war für mich immer eines der großen ungeklärten Rätsel in Taiwan: Warum sieht man so oft Reformhäuser mit schwarz-rot-goldener Flagge, und wieso verkauft man dort „China-Öl“, das offenbar aus Deutschland stammt?

Irgendwann war meine Neugier so groß, dass ich einfach nachgeforscht und einen Artikel darüber geschrieben habe. Der ist in der Financial Times Deutschland erschienen:

Taiwan Chinaöl Reformhaus Germany
Außerdem habe ich noch diesen Text geschrieben:

Wo deutsche Qualität ihren Preis hat

Ein Glas Honig aus dem heimatlichen Elbe-Weser-Dreieck hat neulich in Taipeh bei mir für ein echtes Aha-Erlebnis gesorgt. Kaltgeschleudert und von Hand abgefüllt vom Imker in Klein-Meckelsen, ist der importierte Thymian-Honig hier ein echtes Premium-Produkt: Ein 500-Gramm-Glas kostet umgerechnet mehr als 30 Euro.

German Honey Taiwan

Solch edles Wabengold gibt es nicht im Supermarkt, sondern nur in einer Ladenkette mit dem ganz un-taiwanesischen Namen „Reformhaus“ und der deutschen Flagge als Logo. Schon seit längerer Zeit sind diese Geschäfte mir im Vorbeigehen aufgefallen, und nun wollte ich herausfinden: Was und wer steckt dahinter?

Herr der 16 Reformhäuser in Taiwans besten Lagen ist Wu Ching-Yun. Der 61-Jährige gelernte Apotheker setzt voll auf deutsche Gesundheitsprodukte. In seinen Läden sehe ich viel Bekanntes: Er importiert und verkauft auch Vitamin-Brausetabletten, Em-eukal Bonbons, Doppelherz-Pillen und, was mich am meisten erstaunt: China-Öl made in Germany.

Bestimmt haben viele in deutschen Apotheken schon mal das Pfefferminzöl in den gelb-blauen Fläschchen gesehen. Es kommt aus Berlin und ist so deutsch wie Birkenstock-Sandalen. Wer Taiwanern Berliner China-Öl verkaufen kann, muss wohl etwas richtig machen, und wäre Herr Wu ein Eskimo, würde er vermutlich Kühlschränke verticken.

Reformhaus Germany in Taiwan

„Deutsche Bioprodukte gelten in Taiwan als besonders rein und gesund“, verrät er mir den wichtigsten Grund für seinen Erfolg. Vom Qualitätsbonus profitieren im Ausland also nicht nur deutsche Autohersteller. Auf einer Messe in München entdeckte Wu in den neunziger Jahren das teutonische China-Öl und sicherte sich die Vertriebsrechte.

Glaubt man seiner Werbung, wirkt das Zeug nicht nur gegen Beschwerden jeglicher Art – wir Deutschen reiben es uns auch bei jeder Gelegenheit an die Schläfen, schnuppern an den Phiolen oder trinken es gleich in heißem Wasser verdünnt. Und in Umfragen wählen deutsche Apotheker es angeblich immer wieder zur beliebtesten Allzweck-Arznei schlechthin.

Für so ein Wundermittel kann Herr Wu von seiner zahlungskräftigen Kundschaft Preise verlangen, die ein Vielfaches über dem deutschen Niveau liegen. 100 ml kosten 70 Euro, und das 5-ml-Fläschchen, das auch in tausenden 7/11-Minisupermärkten an der Kasse liegt, immerhin sieben Euro. Der Absatz dieses Jahr soll 200.000 Flaschen übertreffen. Er könnte wohl noch höher sein, ließen sich viele Taiwaner das China-Öl nicht gleich von nach Deutschland reisenden Bekannten mitbringen.

Video: Glückliche Deutsche schnüffeln an China-Öl.

In Taiwans Reformhäusern gibt es kein Müsli und keine Jutesäcke. Hell und aufgeräumt wirken die Filialen, schwarz-rot-goldene Streifen prangen auf glänzend weißen Wänden. Trotz des Anti-Zipperlein-Sortiments sind nicht etwa Rentner die wichtigsten Kunden, sondern Frauen zwischen 30 und 50. „Die stehen voll im Berufsleben und haben viel Stress“, erklärt Wu. „Außerdem kaufen sie bei der Gelegenheit gleich für ihre Eltern mit ein.“

Die Beratung übernehmen Verkäuferinnen wie Novia Chiu, die im grün-weißen Dirndl auch Deutschland-Flair verbreiten sollen. Kein Wunder, erzählt die junge Frau, dass einige Kundenwünsche über die Gesundheitsprodukte herausgehen: „Manchmal fragen sie uns auch nach Tipps für die beste Deutschlandreise.“ Sie könnte ihnen ja mal Klein Meckelsen empfehlen.

German vitamin tablets in Taiwan Reformhaus

Dieser Text erschien auch im Rahmen meiner Taiwan-Kolumne in der heimatlichen Lokalzeitung.

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Klaus Bardenhagen

Klaus Bardenhagen

Comments

6 Antworten

  1. Also ich habe gefragt – mitbringen soll ich tatsächlich China-Öl. Die Apothekerin in einem großen Einkaufszentrum sagte auch, dass das vor allem zu Messeterminen in großen Mengen an Chinesen verkauft wird. Ich muss jetzt ein zweites mal hin, weil die gewünschten drei Flaschen nicht vorrätig war. Bei uns in Deutschland gibt es gar keine 5 ml Fläschchen.
    – Außerdem auf der Wunschliste: Ajona-Zahnpasta,Salbei- und Erkältungstee aus der Apotheke, Hautcreme von Roche und … da wäre ich nie drauf gekommen, mehrere Tuben Florena Handcreme.
    Jetzt frage ich mich echt, ob Salbei dort nicht zu bekommen ist und warum die Handcreme so gefragt ist.

  2. Das Kriege ich nicht so gut transportiert wie Chinaöl oder Süssigkeiten. 😉

    Ich habe schon Taiwanesen erlebt, die Stahlfix mitgebracht haben und bin gebeten worden, Bepanthol Salbe mitzubringen.

  3. Eulen nach Athen oder Berliner China-Oel nach Taiwan … 😉

    Mir hat mal jemand den Tipp gegegen, Schokolade oder Haribo mitzubringen, auf Öl wäre ich nie gekommen.
    Was ist sonst beliebt als Mitbringsel?

  4. Hallo Klaus,

    danke für diesen Beitrag, so kommt man auf die nötigen Ideen für Mitbringsel!
    Vor zwei Jahren hatte ich bei einer Gastmutter mal gesehen, dass sie China-Oel pur trinkt und mich ziemlich erschrocken, weil ich dachte, man könne das nur äußerlich anwenden.
    Aber in der Zwischenzeit hatte ich das schon wieder vergessen und so waren dein Blogeintrag und dein Facebook-Link zu Lisas Blog genau das Richtige, um kurz vor dem Abflug die richtigen Mitbringsel zu finden!
    Herzliche Grüße aus Tübingen,

    Cindy

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