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Wie die Niederländer mal fast Taiwan beherrscht hätten

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Ohne Holland…

Es war im Jahr 2009. Bei den World Games in Kaohsiung trat die holländische Nationalmannschaft im Tauziehen an. Anschließend bauten diese jungen Taiwaner sich mit ihnen zum Foto auf. Eines meiner Lieblingsfotos aus dieser Zeit, und eine Szene mit besonderer historischer Bedeutung.

Wenn ich von Taiwan nach Deutschland fliege, führt mein Weg oft über Amsterdam. KLM und die taiwanische Fluggesellschaft Eva Air haben Verbindungen von Taipeh in die niederländische Hauptstadt (KLM sogar als Direktflug).

Ein interessanter Zufall ist, dass es zwischen den beiden Ländern auch ganz besondere historische Verbindungen gibt: Taiwan war mal, zumindest teilweise, eine holländische Kolonie. Auch, wenn davon nicht mehr viel zu sehen und zu spüren ist.

Holland in Asien

Es war im 17. Jahrhundert, als die Europas Seemächte den Weg nach Ostasien gefunden hatten und Einflussgebiete absteckten. Spanien sicherte sich die Philippinen, die Niederlande das heutige Indonesien. Weiter im Norden lockte Japan, das damals schon ein riesiger Markt und attraktiver Handelspartner war.

Holländisches Schiff 17. Jahrhundert

Als Stützpunkt auf halbem Weg lag Taiwan günstig, und Chinas Kaiserreich hatte nichts dagegen, dass europäische Segelschiffe Kurs namen – auf Taiwan lebten damals so gut wie keine Chinesen, und so richtig kümmerte sich niemand um diese wilde Insel, auf der „Barbaren“, also Stämme von Ureinwohnern, sich einen Ruf als Kopfjäger gemacht hatten.

Holland in Taiwan

Die Spanier errichteten ihre Stützpunkte im Norden Taiwans, an einer Flussmündung – dem heutigen Tamsui – und in der Bucht, wo heute Keelung liegt. Die Niederländer wählten eine Bucht im Süden. Dort bauten sie zwei Festungen, die sie Fort Zeelandia und Fort Providentia nannten. Sie kultivierten das Land, und weil die Ureinwohner wenig kooperativ waren, holten sie im großen Stil Chinesen als Arbeitskräfte über die Meerenge. So begann die chinesische Besiedlung Taiwans.

Jetzt lesen: Eine unermesslich wertvolle Sammlung in einer Schatzkammer in Tainan

Nach einigen Jahren schickten die Niederlande eine Flotte nach Norden, vertrieben die Spanier aus dem Norden und freuten sich auf ein lange Zukunft als Kolonialmacht.  Mit einer Garnison von mehreren tausend Mann, fruchtbarem Boden und seiner strategischen Lage wäre Taiwan wohl ein Kronjuwel gewesen, doch es sollte anders kommen.

In China herrschte Krieg, die Mandschu aus dem Norden hatten das Kaiserhaus der Ming (die mit den Vasen) gestürzt und selbst als Qing eine neue Dynastie ausgerufen. Nicht jeder fügte sich den neuen Herren. Ein Feldherr namens Koxinga, der eine große Privatarmee und Flotte unter sich hatte (manche nannten ihn auch einen Seeräuber), wollte das alte Kaiserreich wieder herstellen. Für seinen Kampf gegen die Qing brauchte er eine Basis, und Taiwan lag genau richtig.

Holland in Not

Im Jahr 1661 kreuzte Koxinga mit hunderten Dschunken und 25.000 Mann auf, eroberte rasch Fort Provintia und umringte dann das besser zu verteidigende Fort Zeelandia.

Koxinga Schlacht um Taiwan

Fast ein Jahr dauerte die Belagerung, es gab Kanonenbombardements, Seeschlachten, Verrat, List und Tücke. Am Ende behielt Koxinga die Oberhand, und die Holländer – zu deren Garnison auch viele deutsche Söldner gehört haben sollen – mussten das Feld räumen. Der siegreiche Feldherr ließ die Überlebenden unbehelligt abziehen.

Aus den ersten holländischen Siedlungen wurde Tainan, lange Zeit Taiwans Hauptstadt und eines meiner liebsten Reiseziele.

Koxinga Holländer Statue Tainan

Mitten in der Großstadt erinnert am Ort des alten Fort Provintia eine Statue an den ersten Sieg einer chinesischen Armee über Europäer: Ein Holländer beugt das Haupt vor dem siegreichen Koxinga.

Und im Hafen-Vorort Anping sind vom Fort Zeelandia noch einige alte Ziegel-Grundmauern erhalten, die zu den ältesten Bauwerken Taiwans zählen.

Fort Zeelandia Tainan Anping

Wäre Taiwan sonst holländisch geblieben? Indonesiens brutale Kolonialgeschichte zeigt, dass das auch kein Segen gewesen wäre.

Heute jedenfalls werden niederländische Touristen in Taiwan gelegentlich auf diese Geschichte angesprochen – und sind dann selbst überrascht, davon zu erfahren. So schnell kann eine große Vergangenheit in Vergessenheit geraten.

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Klaus Bardenhagen

Klaus Bardenhagen

Comments

4 Antworten

  1. Delighted to let you know that the English edition of the abovementioned novel that I wrote on the Dutch period on Formosa will be published April 2018 with Camphor Press under the title ‚Lord of Formosa‘.
    Regards,

  2. Ich lese gerade „Formosa, voorgoed verloren“ von Joyce Bergvelt über genau diese Epoche. Sie erzählt zum einen die Geschichte von Zheng Chenggong/Koxinga aber wählt auch die die Perspektive der Niederländer und die von Coyett, dem Schweden in deren Diensten und schafft so ein ziemlich rundes Bild der damaligen Ereignisse.
    Es soll wohl auch eine englische Version von ihrem Roman herauskommen, allerdings habe ich nichts Konkreteres gefunden.

    1. The English version will appear in 2018 (probably first half) with Camphor Press. Sorry, my German is a bit limited. (My Mandarin is better!)

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