Die Republik China (Taiwan) und ihre diplomatischen Beziehungen
Ma meets Merkel: Taiwans Präsident Ma Ying-jeou unternahm diese Woche eine ganz besondere Reise. Zur Amtseinführung von Papst Franziskus am Dienstag reiste er als offizieller Staatsgast in den Vatikan. Dort konnte er unter anderem Angela Merkel Hallo sagen – ganz cool mit Sonnenbrille.
So bald wird er die Gelegenheit nicht wieder haben, denn wie fast die ganze Welt hat Deutschland keine offiziellen diplomatischen Beziehungen mit Taiwan. Und Ma – obwohl demokratisch gewählt – darf die EU nicht mal als Tourist besuchen, geschweige denn als Präsident.
Taiwan nur noch von 23 Staaten offiziell anerkannt
Unfair? Aber sicher. Das liegt natürlich vor allem an der Volksrepublik China, die Taiwan für sich beansprucht und ihre weltpolitischen Muskeln spielen lässt. Wer es sich mit Peking nicht verderben will, der fasst Taiwan politisch lieber nur mit ganz spitzen Fingern an.
Übersicht bei Wikipedia: Taiwans diplomatische Verbündete
Weltweit rollen nur noch 23 Länder dem Staatsoberhaupt der Republik China – Taiwans offizielle Bezeichnung – den roten Teppich aus. In Europa ist es nur der Vatikan. Bevölkerungsreichster Verbündeter ist Burkina Faso mit 17 Millionen Einwohnern. Paraguay, Panama oder Haiti kennt man noch. Aber würden Sie auf der Weltkarte auf Anhieb Belize, Palau, St. Lucia oder die Salomonen finden? Dies alles sind Länder, in denen Taiwan offizielle Botschaften unterhält.
Ein ziemlicher diplomatischer Abstieg ist das, den dieser Staat seit Jahrzehnten erlebt. Als Gründungsmitglied der Vereinten Nationen saß die Republik China bis 1971 sogar im U.N.-Sicherheitsrat. Nachdem es durch die Volksrepublik ersetzt wurde, schmolz die Zahl der Verbündeten zusammen.
Lesetipp: Deutsches Buch zur Geschichte der Republik China
Anders als die USA (bis 1979) oder Japan (bis 1972) hatte Deutschland nie diplomatische Beziehungen zur Republik China. Angeblich war Konrad Adenauers Position: Die Bundesrepublik sollte im Fall dieses anderen „geteilten“ Landes keine Position beziehen. Das hielt ihn allerdings nicht davon ab, in den fünfziger Jahren Beziehungen mit Südkorea aufzunehmen. Aus Sicht der DDR, die von Anfang an die Volksrepublik anerkannte, stand Taiwan sowieso im feindlichen Lager.
Lesetipp: Between ROC and a hard place: Taiwan und die Republik China
Pekings „Ein-China-Politik“ und Taiwan
1972 vereinbarte auch die BRD diplomatische Beziehungen mit Peking. Das brachte den Zwang mit sich, der „Ein-China-Politik“ zu folgen, die sinngemäß lautet: „Es gibt nur ein China, das ist die Volksrepublik, und Taiwan gehört dazu. Du sollst keine anderen Chinas anerkennen neben mir, und Taiwan schon gar nicht.“
Heute halten die meisten kleinen Länder vor allem wegen der großzügigen Entwicklungshilfe zu Taiwan – und vielleicht auch, weil sich ihre Staatsoberhäupter hier als Ehrengäste umschmeichelt fühlen können.
Der Vatikan, Taiwan und China: Wie geht’s weiter?
Dass Präsident Ma im Vatikan noch willkommen ist, liegt daran, dass Chinas Regierung die katholische Kirche kontrollieren will. Doch genau so, wie Chinas riesiger Markt andere Länder anlockt, weiß auch der Vatikan: In China leben etwa 10 Millionen Katholiken, in Taiwan nur 300.000.
Es liegt nun an Papst Franziskus, ob Taiwans Präsident Ma weitere Vatikan-Reisen planen kann, oder ob er bald in ganz Europa vor verschlossenen Türen steht.
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